Das auf dieser Homepage vorgestellte Konzept dreht den Weg der traditionellen Aufsatzdidaktik um. Ausgangspunkt des Schreibens sind nicht vorgegebene Textsorten und die möglichst passgenaue Einhaltung entsprechender Kriterien. Ausgangspunkt sind immer die eigenen Texte der Kinder und Jugendlichen - und damit ihre eigenen Gedanken. Sie bieten eine solide und motivierende Grundlage, um in authentischen Zusammenhängen zu lernen, unterschiedliche Textsorten zu verfassen. Anstelle vorgegebener Kriterien werden Merkmale im Gespräch über die Wirkung und Machart von Texten erfasst. Kurse stützen das Vorgehen und beinhalten auch Formen der Leistungsmessung.
Alternativen zum Aufsatz
In dem hier dargestellten Unterricht entwickeln sich vielfältige Kompetenzen, die in schriftlichen Arbeiten (Material) oder alternativ in Form von mündlichen Leistungsnachweisen (z.B. Interviews) überprüft werden können. Dazu zählen Textwissen, Reflexions-, Überarbeitungs- und Textgestaltungskompetenzen, aber auch Fähigkeiten der Selbsteinschätzung, der begründeten Auswahl eines "besten Textes" und der sprachlichen Darstellung. Diese Fähigkeiten können beispielsweise in Interviews oder Gesprächen nachgewiesen werden. Alle Beispiele verstehen sich als Alternativen für Formen des klassischen Aufsatzes.
Und die Textsorten?
Durch Autorenrunden wächst koninuierlich Wissen über unterschiedliche Textsorten - und zwar kein träges Wissen, sondern eines, mit dem die Lernenden aktiv in den Gesprächen argumentieren. Einmal im Halbjahr können Sie - ausgehend von den Texten der Lernenden - einen maximal einwöchigen Kurs zu ausgewählten Textsorten (s. Material Minigeschichten schreiben) und Textmustern (erzählend, informierend, appeliierend, lyrisch) durchführen, um das Wissen aus Autorenrunden zu systematisieren. In meinem Handbuch (Band IIA) finden Sie dafür zahlreiche konkrete Vorschläge und zusätzlich alternative Aufgabenformate für Leistungskontrollen zu ausgewählten Textsorten (Bericht, Sachtext, Personenbeschreibung, Protokoll, Buchkritik, Leseempfehlung, Aufruf, Geschichte, Nachdenktext, lyrische Texte) - und zwar jeweils im Kontext des Schreibens eigener Texte verortet.
Entwicklungen im Kollegium voranbringen
Starten Sie, indem Sie zunächst einen klassischen Aufsatz durch eine der hier vorgestellten Leistungsüberprüfungen ersetzen. Wenn Sie damit klar kommen, ersetzen Sie eine weitere Arbeit - und stellen Sie Ihre Erfahrungen den Kollegen und Kolleginnen an Ihrer Schule vor!
Vorschläge für eine langfristige Planung von Überprüfungsmaßnahmen für die Klassen 3, 4, 5 und 6 finden Sie in meinem Handbuch (Bd. II A, S. 172 - 178) und im Material. Legen Sie diese Anregungen Ihren eigenen Planungen zugrunde - und diskutieren Sie darüber in den zuständigen Gremien ihrer Schule für das Fach Deutsch.
Meine Erfahrungen - meine Einschätzung
Wer von 25 Lernenden fast gleiche Texte lesen und bewerten muss - womöglich zu einheitlichen Bilderreihen verfasst -, wird sich fragen, wozu?
Die Vorgabe verbindlicher "Kriterien" der längst veralteten Aufsatzdidaktik führt zu künstlichen "Schultexten", die im Grunde nur für den Lehrer als Zensor geschrieben werden. Im alltäglichen und beruflichen Leben müssen Texte zu unterschiedlichsten Anlässen mit jeweils eigenen Zielsetzungen und für bestimmte Adressaten geschrieben werden. Und genau das lernen Schreiberinnen und Schreiber in dem hier vorgestellten Unterrichtssetting. Daher werden hier auch Wege der Leistungsbewertung beschritten, die genau diesem Anliegen entsprechen. Alles andere wäre kontraproduktiv.
Wer sich auf diese alternativen Wege der Leistungsmessung einlässt, wird nicht mehr 25 fast identische Texte zu einem Thema lesen, das die Schreibenden vermutlich gar nicht interessiert.
Mehr zur Überprüfung, Dokumentation, Bewertung von Schreibkompetenzen erfahren
- Leßmann (2016): Individuelle Lernwege, Handbuch Teil II A: Klassen 3 bis 6:
S. 86-91 (Leistungsüberprüfung)
S. 91-114 (Textsorten und freies Schreiben)
S. 115-171 (Textmuster/Textsorten in authentischen Schreibkontexten)
- Interviews/Gespräche als Testalternativen zu eigenen Texten, zur Arbeit in Schreibkonferenzen u.a.
- Mündliches Begründen der Auswahl eines Textes als "Besten Text", Beispiele Ende 1. Schuljahr, 4. Schuljahr (Josefine, Moritz)
- Selbsteinschätzung in offenen Frageformaten
- Überprüfen von Kompetenzen in alternativen Tests
- Kurs zu erzählenden Texten (s. Die große Tatze und Mini-Geschichten) und Test zum Kurs Erzählende Texte (4B), Test zum Kurs Informierende Texte (4C)
- Selbsteinschätzung auf Dokumentationsbögen zum Ankreuzen über mehrere Halbjahre
- Schriftliche Begründung der Auswahl eines "besten Textes" für das Beste-Texte-Buch (s. Tests 3)
- Leßmann (2016): Individuelle Lernwege, Handbuch Teil II A: Klassen 3 bis 6, S. 172-178 (Planungsvorschlag für mehrere Schulhalbjahre)
- Schreiben kurzgefasst - Leitfaden für Unterricht und Fachabsprachen